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Greta Garbo
„Ich bin kein Mythos“

     Widerspruch: Ein Mythos war und ist sie doch. Ob sie wollte oder nicht. Und obwohl sie beteuerte: „Ich bin eine Frau wie jede andere. Das Mysterium Greta Garbo ist nichts als eine Massensuggestion.“ Sollte man sie denn allesamt Lügen strafen, ihre berühmten Zeitgenossen? Den Schriftsteller Klaus Mann beispielsweise, der „das schönste Gesicht, das er je gesehen hat“ pries. Die Filmwissenschaftler Siegfried Kracauer und Béla Balász, die von ihr als der „Schönheit schlechthin“ sprachen und von ihrer „oppositionellen“ oder auch „leidenden und traurigen Schönheit, deren Gesten so sind, als ekelte ihr vor der Berührung mit dieser schmutzigen Welt“. Wohl keine Filmfrau – Marlene Dietrich ausgenommen – inspirierte so viele Schreiber zu so vielen Superlativen.
     Interviews hat Greta Garbo nie gegeben. Lediglich ein paar Zeitungsausschnitte aus den Zwanzigern und Dreißigern wurden aufgestöbert, in denen sie in Memoirenform ungewohnt offenherzig das „normale“ Leben der Greta Lovisa Gustafsson ausplaudert und bestrebt ist, ihre eigene Legende zu zerstören. Vielleicht gehört auch das zur Legende. Daß sie am 18. September 80 Jahre alt wird, ist ein Grund, mal wieder von ihr zu sprechen. Und dass sie jüngst in mehreren Filmen auf dem Bildschirm zu sehen war, beschert den Älteren ein Stück Lebens- und Kino-Nostalgie und hat unter den ganz Jungen so machen rätseln gemacht, wieso ihn dieses Idol von ehemals nicht kalt lässt. Denn, so antiquiert manch melodramatischer Augenaufschlag sich da darbot – das Ganze hatte Stil. Über das Warum und Wie wäre viel zu sagen. Darüber, dass zu einer Zeit, als in Hollywood „Puppen“ Mode waren, eine junge Schwedin auf die Szene trat – zurückhaltend aber selbstbewusst, moralisch streng, und von einer seltsamen Klarheit und Reinheit, eben „Natur pur“. Eine Persönlichkeit, die sich ihrer Eigenheit notfalls ertrotzte, indem sie sieben Monate lang streikte, weil sie sich nicht zum Vamp machen lassen wollte. Und tatsächlich billigte man ihr Mitspracherecht zu bei der Rollenauswahl, auch Mitarbeit an den Drehbüchern sowie das Recht auf ein wirklich privates Privatleben, in dem kein Platz war für Männer und Publicity. Was den Chefs vielleicht gar nicht so unlieb war, weil es ein Geheimnis wob um die Diva, die sich auch auf der Leinwand bisweilen in ein weltentrücktes Flair hüllte.




„Herrin der Liebe“

„Die Frau mit den zwei Gesichtern“

 

     Auch gestand man ihr zu – ihr nur allein – in Hosen und Männerschuhen rumzulaufen und sich dem Partyleben gegenüber höchst ungesellig zu zeigen. Und rätselhaft auch, dass Filmkritiker sich über ihre Bewegungen, großen Füße und maskuline Statur mokierten und im gleichen Atemzug ihrer erotischen Ausstrahlung huldigten und Wörter wie edel, vornehm, makellos gebrauchten. Wobei – so ganz ohne Kunst kam auch das Ungekünstelte nicht zustande. Bekanntlich arbeitete sie in den meisten ihrer 24 Hollywoodfilme mit dem gleichen Team von Kameramann, Szenen- und Kostümbildner, die ihre „Schokoladenseiten“ kannten. Und erst unter Expertenhand hatte sich der rundliche Teenager aus „Peter, der Vagabund“ und die Schauspielelevin mit den schwarz verschminkten Augen in die melancholische, langbewimperte klassische Schönheit verwandelt. Merkwürdig ist freilich, dass in den USA ihre Filme grad notdürftig die Kosten einspielten, während ihr Name in Europa ein Kassenmagnet war.
     Noch mehr zu sagen über den Mythos Garbo wäre nur eine Variation der unzähligen Lobpreisungen in den 19 Jahren ihres Filmlebens und auch späterhin, als sie sich 36jährig nach dem Misserfolg von „Die Frau mit den zwei Gesichtern“ für immer zurückzog. Ein paar Worte also noch zu dem scheuen Mädchen Greta Lovisa, dem die gefeierte „Göttliche“ später innerlich treu blieb in ihrer Paarung von Instinkt, Intelligenz und Schlichtheit. Viel Phantasienahrung gab es nicht in der ärmlichen Kindheit. Sie erzählt in den erwähnten Zeitungsmemoiren von ein paar Pflänzchen, die auf dem müllübersäten Vorplatz der Mietskaserne dahinkümmerten und von ihr eifrig begossen wurden. Die Schule war eine Zwangsanstalt für sie. Sie rettete sich in gloriose Träume, in denen sie die schwedische Geschichte umdichtete und dafür schlechte Noten erhielt. Sie spielte Theater, indem sie ihr Gesicht mit Tuschfarben bemalte und grausige Pantomimen inszenierte. Vierzehn Jahre war sie alt, als der Vater starb. Bruder und Schwester mussten die Familie ernähren, und auch sie seifte nach den Schulstunden bei einem Barbier die Kunden ein.


„Die Kameliendame“

     Die Schicksalsstunde schlug, als sie – nunmehr Warenhausverkäuferin – für einen Hutkatalog Modell stand und schließlich in „Filmdebüt“ gab: Es war ein Reklamestreifen, bei dem sie im viel zu großen Reitdreß den Hanswurst spielte. Das Weitere ist bekannt. Sie bestand die Aufnahmeprüfung am Königlichen Theater in Stockholm, zitternd und wie in Trance. Irgendwann begutachtete sie der Filmregisseur Mauritz Stiller vom Scheitel bis zur Sohle – ein entmutigendes Erlebnis für sie. Dennoch wurde er der Mann, dem sie alles verdankt, ihr Lehrer, Freund und Regisseur des ersten Filmerfolgs „Gösta Berling“. In Berlin filmte sie dann „Die freudlose Gasse“ und gab schließlich dem MGM-Filmgewaltigen Louis B. Mayer ihre Unterschrift unter den Hollywoodvertrag.


„Anna Karenina“

     Gar so film-weltbewegend waren sie nicht, die Leinwanddramen über „Anna Christie“, die Schwedenkönigin „Christine“, „Anna Karenina“, die „Kameliendame“ oder „Mata Hari“, und ihren Stellenwert haben sie vor allem durch die Ausstrahlung dieser Frau, die wie keine andre lieben und leiden konnte. Den „Oscar“ erhielt sie also auch erst 1955 für „ihre unvergessliche Erscheinung auf der Leinwand“. Immerhin. Ihr Künstlerpseudonym Garbo übrigens heißt im Schwedischen Kobold, im Spanischen Anmut.

Marlis Linke
Fotos: SFA; Archiv

 

 

from:   filmspiegel     Nr. 19    1985
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