Javascript DHTML Drop Down Menu Powered by dhtml-menu-builder.com

 

Die sich selbst genügte
GEDENKTAG: Vor 100 Jahren wurde Greta Garbo geboren
Von unserem Mitarbeiter
Peter W. Jansen

Sie war 21, als sie eine Notiz verfasste, von der bisher niemand weiß, ob und wo sie veröffentlicht worden ist. Die Garbo-Forschung liegt im Argen, auch 100 Jahre nach dem 18. September 1905, als Greta Lovisa Gustafsson in Stockholm geboren wurde. „Freundlicher Leser“, soll sie Mitte der zwanziger Jahre geschrieben haben, „ich bin nicht die, für die du mich hältst. Ich bin eine Frau wie alle anderen. Das Mysterium Greta Garbo ist nichts als eine Massensuggestion.“ Als sie das schrieb, hatte sie gerade mal sieben Filme gedreht, vier in Schweden, einen in Deutschland, und zwei kamen soeben in Amerika heraus.
     In jedem dieser Filme ist ihre Sinnlichkeit fast ohne jedes Interesse, etwas haben zu wollen. Sie fährt lieber ihren Sportwagen gegen einen Baum, als das Leben des Geliebten zu gefährden; lieber hustet sie sich als Kameliendame zu Tode, immerhin in den Armen von Robert Taylor. Das Sein ist wichtiger als das Haben. Sie hat sich selbst genügt. Die Bilder, die sie in der Umarmung zeigen, stellen eine Frau vor, die aufblickt zum Mann, der sie um Haupteslänge überragt. Doch die aus den Filmen herausgelösten Momentaufnahmen täuschen. Greta Garbo ist nicht die Frau, die erst aufblüht, wenn ein Mann die Szene betritt. Sie öffnet ihre Augen auch für einen Baum, eine Blume oder das Bild, das eine Wolke an den Himmel zeichnet.


Das Sein ist wichtiger:
Greta Garbo mit Ramon Navarro
in „Mata Hari" (1931).

Bild: dpa

     In „Grand Hotel“ liebkost die bis vor zwölf Stunden noch lebensmüde Grusinskaja den Telefonhörer, über den sie mit ihrem unverhofften Geliebten spricht, dem Hoteldieb, der in ihr Leben wie in ihr Zimmer eingebrochen ist. Und sie meint nur für unsere Fantasie auch einen anderen Gegenstand, wenn sie den Hörer streichelt; für sich selbst meint sie nichts als den Apparat. Denn sie hat keine Beziehung zum Zweideutigen. Auch wenn sie sich auf gesellschaftlich nicht akzeptierte Affären einlässt, bleibt sie als Heldin unbefleckt.
     Ihre Schönheit ist zweckfrei, monologisch, autonom. Sie geht keine Kompromisse ein und existiert nicht erst als Geliebte, sondern unabhängig von jeder Beziehung. Und so wenig sie sich nur den Männern öffnet, so wenig ist sie auch unbedingt heterosexuell. Als Königin Christine von Schweden, in knapp anliegenden Männerkleidern, wirkt sie androgyn und spricht eher Frauen als Männer an. Als sowjetische Kommissarin in „Ninotschka“ muss sie schon einem sehr damenhaften Hut begegnen, um von der Männerrolle Abschied zu nehmen. Auch wenn sie ganz weich zu werden scheint, ist sie kaum ein Objekt der Begierde wie ihre Zeitgenossin Mae West oder später Marilyn Monroe, sondern der Traum einer Schönheit, den man träumen möchte. Sie weckt weder die Gier nach Besitz noch die Qualen der Eifersucht, noch die dunkle Lust nach Zerstörung. Immer bleibt bei diesem Vamp eine Aura von Distanz, auch wenn sie zum Exzentrischen neigt. Wenn sie exaltiert agiert, ist sie die Venus, die sich nach ihren verlorenen Armen sehnt.
     Als ihr Entdecker gilt Mauritz Stiller, der schon weltberühmt war, als er die Verkäuferin in seinem Film „Gösta Berlings Saga“ als Greta Garbo mitspielen ließ. Dann ging der Vierzigjährige mit der Siebzehnjährigen auf Reisen und vermittelte ihr in Berlin die Rolle der Grete Rumfort in der „Freudlosen Gasse“. Als Stiller nach Hollywood geholt wurde, nahm er seine Entdeckung mit. Für ihn selbst wurde Amerika ein Desaster, während sie zur „Göttlichen“ aufstieg. Diese Geschichte einer Liebe, auch wenn sie keine gewesen sein mag, hat die Stargeschichte der Greta Garbo entscheidend mitgeprägt.
     Wie kein anderer Star hat sie sich jeder Publicity entziehen können, das stand sogar in ihrem Vertrag. Die Werbung machte daraus die Kunstfigur, bei der Leben und Darstellung punktgenau . Selten hat es eine Übereinkunft von Industrie und Person gegeben, die glücklicher und erfolgreicher war. Und selten hat es einen erfolgreichen Menschen gegeben, der unglücklicher war. Dass Greta Garbo, die sich mit noch nicht einmal Vierzig aus dem Kino zurückzog, aus Fleisch und Blut war, wusste man erst wieder, als sie 1990 starb. Und sich in ihrer Wohnung in New York ganze Batterien leerer Whiskyflaschen fanden.

 

from:   MANNHEIMER MORGEN     17. September 2005
© Copyright by   MANNHEIMER MORGEN

 

 

English Press Article
  
  
Back to Menue                             German Press Article
  
 
International Press Article
  

 

... nach oben

© Copyright 2005 – www.GarboForever.com – Germany – TJ & John – The Webmasters