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Nordische Sphinx
mit Trauerflor im Blick

Unfassbar, unnahbar, göttlich:
Vor 100 Jahren wurde Greta Garbo geboren / Von Rainer Dick

 Was war an dieser Frau so faszinierend, dass ihr das Etikett der „Göttlichen“ angehängt wurde? Was machte sie so unergründlich und geheimnisvoll, so enigmatisch und irrlichternd? War es ihr Spiel, ihr Äußeres, ihr Sex-Appeal? Oder beruhte ihre Aureole, die von den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts herüber strahlt bis in unsere Tage, schlicht und ergreifend nur auf einer frühen Meisterleistung genialer Hollywood-Reklame?
     Werbestrategen und Kritiker, Dichter und Bewunderer, vor allem aber eine nach Millionen zählende Anhängerschaft wurden und werden nicht müde, dem Rätsel Garbo mehr oder weniger tief schürfend beizukommen. Das Gros dieser Versuche musste scheitern, weil sie zu beschreiben versuchten, was sich offenbar nicht beschreiben lässt.
     Denn „das eigentliche Geheimnis der Garbo“, so notierte bereits 1933 der Filmjournalist Siegfried Kracauer, „besteht darin, dass sie einen Typus versinnbildlicht, der gar kein Typus ist, sondern gewissermaßen die Gattung selber repräsentiert. Ebenso wenig wie sie chargiert, hat sie eine spezielle Note, die sich in ihr Signalement eintragen ließe. Sie ist die Frau als solche und nichts außerdem.“
     Gerade zwei Dutzend Filme hat das am 18. September 1905 geborene Arbeiterkind aus Stockholm zwischen 1922 und 1941 gedreht. Sie spielte Bürgerstöchter („Die freudlose Gasse“, 1925) und Herrscherinnen („Königin Christine“, 1933) ebenso wie Spioninnen („Mata Hari“, 1931) und Mätressen („Maria Walewska“, 1937). Vor allem aber war Greta Garbo stets Greta Garbo, die nordische Sphinx mit den von Tragik verschatteten Augen, statuarisch und überlebensgroß, unfassbar und unnahbar, getrieben von trauerumflorter Leidenschaft wie von einer stetigen Suche nach Einsamkeit, die kulminiert im Ausruf ihrer verzweifelten alternden Ballerina in „Menschen im Hotel“, 1932.
     Als Greta Garbo gemeinsam mit ihrem Entdecker und Mentor, dem schwedischen Regisseur Mauritz Stiller, 1925 nach Hollywood kam, wollte man sie zunächst zu einem der damals populären Stummfilm-Vamps machen. Filme wie „Totentanz der Liebe“ und „Es war“ (beide 1926) bedienten dieses Klischee der exotischen Verführerin und begründeten den Ruhm der Garbo.
     Ihr eigentliches Rollenfach festigten dann jedoch erst „Das göttliche Weib“ (1928), „Wilde Orchideen“ und „Der Kuss“ (beide 1929), ehe mit Aufkommen des Tonfilms auch noch ihre dunkel-rätselhafte Stimme die Aura des Entrückten untermauerte.
     Ein wesentlicher Teil ihrer Wirkung beruhte auf dem von Pathos, Schmerz und Strenge gezeichneten Antlitz, dem das klassische Ebenmaß der Antike zu eigen war. Es strahlt einen feierlich-stillen Glanz aus und betont jene Attitüde entrückter Weltferne, welche die Garbo auch im Privatleben kultivierte. Hotel“ (1932): „Lasst mich allein!“

 

Im Leben wie im Film stilisierte sich Greta Garbo als
entrückte Einsiedlerin. Ob sie auf der Kinoleinwand
eine Spionin wie in „Mata Hari“ (Fotos unten links und
rechts) oder die „Königin Christine“ (Mitte) spielte: Die
Garbo war vor allem immer die Garbo.

– FOTO: RIK

 

     Von Anfang an besteht eine Kluft zwischen dem öffentlichen Interesse an ihrer Person und dem eremitenhaften Leben der geheimnisumwitterten Leinwand-Ikone, die sichder „gemeinen“ Realität entzieht. Insofern hat die Schauspielerin Greta Garbo sehr bewusst ihren eigenen Mythos geschaffen, indem sie die Attribute ihrer leidensfähig-irrlichternden Filmfiguren übernahm.
     Sie sei „die Transzendierung des Alltäglichen in Gestalt einer stets fleckenlos bleibenden Heldin“ gewesen, konstatierte einmal die Filmhistorikerin Gisela von Wysocki. Selbst wenn sie wie in der „Kameliendame“ (1936) eine Kokotte spielte, war sie umglänzt von einer Aura der Heiligen.  Billige Koketterie glitt ab von der tiefen Innerlichkeit ihres Wesens. Ein Aufschlag ihrer sprichwörtlich langen Wimpern genügte, um das Statuarische und Oberlebensgroße dieser Melange aus Düsternis und Melancholie zu manifestieren.
     Vielleicht übte sie gerade deshalb auf das männliche wie das weibliche Publikum eine gleichermaßen nachhaltige Wirkung aus: Weil diese seltsam androgyne Indifferenz Raum ließ für die gesamte Bandbreite unserer Fantasien von unterschwellig erotischer Brisanz bis hin zur unendlichen, aber auch undefinierten Tristesse des Daseins.
     Es war der Regisseur Ernst Lubitsch, der die Hohepriesterin des Melodrams, deren Leidenschaften nur hinter einer noblen Kälte aufzuglühen schienen, sozusagen „vermenschlichte“: Er ließ sie in der Komödie „Ninotschka“ (1939) eine grimmige Sowjet-Kommissarin spielen, die in Paris nicht nur den Verlockungen des Kapitalismus erliegt, sondern ihr Herz an einen leichtlebigen Playboy verliert und von ihm zu schallendem Lachen gebracht wird. Das war für die Zeitgenossen so überraschend, dass für den Film mit dem Slogan geworben wurde: „Die Garbo lacht!“
     Ihrem nächsten Film indes konnte auch die um Finessen nie verlegende Reklameabteilung der Filmfirma Metro-Goldwyn-Mayer nicht auf die Sprünge helfen: „Die Frau mit den zwei Gesichten“ geriet 1941 zum Misserfolg – und Greta Garbo nahm postwendend ihren Abschied von der Kinoleinwand. Sie war nie wieder zu einer Rückkehr vor die Kameras zu bewegen und stilisierte sich mehr denn je zur entrückten Einsiedlerin, zum Mysterium.
     Mit 36 Jahren, als sie älter und damit sterblich zu werden drohte, entwich sie in jene Einsamkeit, in der Legenden unantastbar werden. Der Mensch Greta Garbo starb 84-jährig am Ostersonntag 1990 in New York. Die Göttliche aber thront weiterhin im Olymp der Film- und Schauspielkunst, schön und fern und strahlend und unsterblich.

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LESEZEICHEN
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– Im Henschel-Verlag erscheint dieser Tage „Greta Garbo – Das private Album“ von Scott Reisfield und Robert Dance. Der opulente Bildband (256 Seiten, 39,90 Euro) vereint die von Garbo selbst gesammelten Porträts mit Familienfotos, Schnappschüssen und Briefen. Ein Essay und eine Filmografie runden das Werk ab.
– Dem Buch sind die viragierten Abbildungen am Fuß dieser Seite entnommen.

                    

 

from:   DIE RHEINPFALZ     17. September 2005
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